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Das Projekt lernt laufen

PRODISA heißt das neueste Kind in unserer Partnerregion, von dem wir schon in der letzten Nr. 43 berichteten, und es ist weiter kräftig gewachsen. Für alle, die vergessen haben, was denn Prodisa heißt, noch mal zur Erinnerung, “Proyecto de Desarrollo Integral de la Zona Rural de San Rafael del Sur", also salopp übersetzt, integrierte Armutsbekämpfung in den ländlichen Gebieten unserer Partnergemeinde San Rafael del Sur.

Insgesamt beteiligen sich inzwischen 1060 arme Familien aus etwa 37 Dörfern an den vielfältigen Maßnahmen des Projektes. Davon sind 440 Teilnehmerinnen, womit unser Ziel, besonders Frauen zu fördern, erreicht ist. 80 Teilnehmerinnen sind alleinerziehend, was ebenfalls eine wichtige Untergruppe der Zielgruppe ist. 560 der Begünstigten sind in den verschiedenen Komponenten aktiv beteiligt. Diese haben also schon das nötige Saatgut, Setzlinge für die Gemüsegärten, oder Tiere oder das Saatgut für Baumschulen. Von den 230 Familien, die bisher Hühner erhielten, sind 170 Familien mit einer Frau als Familienvorstand. Der überwiegende Teil der Bauern besitzt unter 5 Manzanas, (1 Manzana ist 0,75 ha.). Dies reicht in der Regel nicht zur Existenzsicherung. Nachdem die Beteiligten in den Dörfern und deren Mindestressourcen für die Durchführung der einzelnen Komponenten bestimmt waren, ging es in den letzten Wochen darum, die Tiere, Gemüse- und Baumsamen zu verteilen. Dies erforderte alle Kapazitäten, die dem Büro zur Verfügung stehen.

Tausende von Hühnern mußten in die vielen entlegenen Dörfer verteilt werden. Ebenfalls wurden hunderte von Schafen und Schweinen an ihren Bestimmungsort und Bestimmungsfamilien weitergegeben. Weiter wurden dutzende kleine Viveros (Baumschulen) Gemüsegärten und Bananenfelder angelegt. Der aus den Tieren nun anlaufende revolvierende Fond ist im Bereich der Hühnerzucht bereits funktionstüchtig. Die ersten Dutzend Hühner wurden schon wieder an die nächsten Begünstigten weitergeleitet. Eine mächtige Verteilungsaktion nimmt damit ihren Anfang und ein Ende ist nicht geplant. Der logistische Aufwand, Verteilung und Monitoring für die verschiedenen Verteilungsaktionen, nimmt unser inzwischen aufgestocktes Büropersonal in San Rafael del Sur voll in Beschlag.

Weit über einhundert Begünstigte haben als Zusatzaktion zu den geschenkten Tieren Baumschulen mit jeweils mindestens 1000 Pflanzen angelegt. Diese werden dann spätestens Ende dieses Jahres auch über Ökobrigaden aus den Schulen unter fachmännischer Aufsicht in die Wälder ausgepflanzt. Dies wird nicht nur das Mikroklima, sondern auch den Grundwasserspiegel nachhaltig stabilisieren. Ebenfalls wird dadurch nicht nur die Flora, sondern auch die Fauna in ihrer Artenvielfalt gefördert, denn mit ganz bestimmten Bäumen kommen ganz bestimmte Käfer, Vögel, Spinnenarten wieder in die Restwälder zurück. Diese bewirken wiederum, dass bestimmte Bäume und Sträucher sich auch in Zukunft verbreiten können, um so zu verhindern, dass nur wenige Baumarten sich überstark vermehren. Weitere 32 Begünstigte ziehen jeweils 1350 Pflanzen in Baumschulen auf, um damit Energieholzpflanzungen (besonders schnell wachsende Bäume) vornehmen zu können, denn der tägliche Brennholzbedarf ist nach wie vor sehr hoch (Zubereitung der täglichen Mahlzeiten, Holzkohlebedarf der nahen Hauptstadt Managua).


Die Beteiligten (inzwischen 69 Frauen), die Schafe erhalten haben, setzen ebenfalls gleichzeitig Baumschulen für Futterpflanzen an, um die Schafe auch in der Trockenzeit durchbringen zu können. Von drei geplanten Baumschulen ist mindestens eine bisher verwirklicht worden. Hier strecken schon über 15000 junge Pflanzen verschiedenster Baumarten ihre Köpfe neugierig in den Wald. Darüber hinaus sind inzwischen hunderte von Gemüsegärten jeweils in Hausnähe angelegt und bereichern die Küchen mit vielen verschiedenen Vitaminen und Mineralien. Blühende Landschaften also, wohin man sieht? Weit gefehlt....

Natürlich bleiben in einem solch großen Verteilungsprozess Rückschläge nicht aus.
Einige der Begünstigten mussten wieder ausgeschlossen werden, da diese die an sie verteilten Tiere binnen kurzer Zeit einfach aufgegessen haben. Damit ist der gedachte Kreislauf abrupt unterbrochen. Im Büro musste die langjährige treue rechte Hand von Franz , Maria Antonieta, aus privaten Gründen ihre Arbeit aufgeben. Pedro, einer der Agrartechniker, musste wegen eines unverschuldeten Verkehrsunfalls vorübergehend ins Gefängnis und konnte nur über eine hohe Kaution herausgeholt werden. Esmeralda ist wegen Krankheit zeitweilig ausgefallen.

Der Wind steht also nicht immer nur günstig für das Projekt.
Immerhin hat die Regenzeit pünktlich eingesetzt und zwar sehr heftig, wie Franz aus Nicaragua berichtet. Und auch die Begeisterung ist bei einem Großteil der Beteiligten nach wie vor groß. Die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Workshops in den Dörfern werden gut besucht. Somit steht durch Eigenverantwortung und Mitbestimmung der einzelnen Teilnehmer das Projekt auf vielen tausend Beinen und kann damit nicht so schnell von seinem Erfolgskurs abgebracht werden. Das Team hat die Höhe seiner Zielgruppe (Familien mit wenig Eigenbesitz, und alleinstehende Frauen) für das erste Jahr des Projektes annähernd erreicht.

Da das Büro in San Rafael del Sur arbeitstechnisch überlastet ist, selbst an den Wochenenden muss teilweise gearbeitet werden, versuchen wir von Berlin aus, das erweiterte Team zumindest in der Evaluierung der anfallenden Datenberge tatkräftig zu unterstützen, denn die Registrierung und Auswertung von derzeitig 1000 Begünstigten ist ein logistisch und arbeitszeitlich hoher Aufwand, wie ihn das Büro bisher nicht kannte.

Künftig sollen Wochenberichte angelegt werden, die Auskunft über die Tätigkeiten der einzelen Mintarbeiter und der Resultate der täglichen Arbeit beeinhalten. Diese sendet uns Franz in Berichten und Tabellen zu, damit wir hier in Berlin die geforderten Berichte an unseren Geldgeber, die EU, weiterleiten können. Ab sofort gibt es deshalb eine Nicaraguagruppe und eine Berlingruppe innerhalb des Vorstands, d.h. vorerst tagen einmal monatlich diese Gruppen getrennt, damit in den jeweiligen Fraktionen inhaltlich tiefer gearbeitet werden kann. Die Nicaraguagruppe, die sich intensiv um die Betreuung dieses Projekts kümmert, setzt sich bisher aus Dieter, Arndt, Erich, Sven, Tom und Kerstin zusammen. Weitere Interessenten sind jederzeit herzlich willkommen. Neben den Wochenberichten sollen auch Trends definiert werden, um Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen, damit dann in Nicaragua rechtzeitig gegengesteuert werden kann.

Auf dem Vereinswochenende, das Anfang Mai stattgefunden hat, ging es unter anderem auch um ein konkretes Vermarktungskonzept für die nun anfallenden Produkte aus dem Projekt Prodisa. Die Bauern sollen künftig durch Workshops stärker motiviert werden, den Weg der individuellen Direktvermarktung einzuschlagen. Damit soll neben einer ausgewogeneren Ernährung auch die monetäre Absicherung der Familien gestärkt werden. Denkbar wäre auch, einen Stand anzumieten, der täglich von einem anderen Dorf zum Warenverkauf im Sinne des Rotationsprinzips genutzt wird. Dabei könnte die Organisation des Standes durchaus von CEDRU geleistet werden. Der Rest der Direktvermarktung sollte aber von den Bauern der jeweiligen Dörfer in Eigenverantwortung organisiert werden. Bei den Transporten der Ware kann eventuell Hilfe von CEDRU geleistet werden. Als Standorte eines Verkaufsstandes wurden neben San Rafael auch die Kreuzung vor Pochomil oder evenetuell ein informeller Standort in Managua angedacht.

Weiter wurde auf dem Vereinswochenende diskutiert, ob nicht Dorfkomitees in Eigenverantwortung entscheiden sollten, wer die nächsten Begünstigten des revolvierenden Fonds sein sollen. Dies wäre zumindest in den verschiedenen Tierfonds wie Ziege, Schafe, Hühner, Schweine vorstellbar. Damit würde die dorfinterne Eigenverantwortlichkeit und Eigenorganisation gestärkt. Dies wäre ein weiterer partizipatorischer Baustein im Rahmen des Gesamtprojektes, der die Verankerung in der Bevölkerung stärken würde, denn Eigenverantwortung und Mitbestimmung sind das Geheimnis des Erfolges.

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