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Die politische Situation in Nicaragua

Vom Saulus zum Bolaños?
von Thomas Lippert

Der derzeitige Präsident Nicaraguas Bolaños darf durchaus als Zögling des ehemaligen Präsidenten Alemán bezeichnet werden. Traten noch vor zwei Jahren beide Politiker mit einer Stimme in der Öffentlichkeit auf, so definiert der jetzige Amtsinhaber Bolaños seit einem Jahr seine Beziehung zum ehemaligen Präsidenten Alemán als einen Kampf gemeinsamer Tage, die für Bolaños weit in der Vergangenheit liegen. Nun hat die seltsame Wandlung von Paulus (Alemáns Höriger) zu Bolaños völlig andere demokratische Blüten ausgetrieben, deren endgültige Ausformung noch nicht absehbar ist.

 

Zwar hat Bolaños schon im Wahlkampf betont, dass er alles in Bewegung setzen werde, um die erdrückend starke Korruption in Nicaragua einzudämmen. Hier hätten eigentlich bei Alemán (damals noch Herr im Hause) spätestens die Alarmglocken läuten müssen. Wahrscheinlich hat er die Reden Bolaños unter der Rubrik "Wahlkampfgeschwätz" abgetan, Parolen die nach einem Wahlkampf schnell wieder in die Wahlkampfmottenkiste verschwinden werden. Es geht bestimmt auch Bolaños nur darum, als Anwalt des Volkes so viel Stimmen auf sich zu vereinen wie möglich, um danach mit den gleichen Methoden vor allem sein eigenes Wohl auf Volkes Kosten voran zu treiben.

 

An genau diesem Punkt hat sich unser allseits verachteter Alemán gründlich verrechnet.... zu Gunsten des Volkes entzieht dieses ihm nun die Vertrauenskarte und schickt ihn direkt ins Gefängnis, ohne dabei nochmals ein paar Millionen Dollar aus dem Volkseigentum einzuziehen? Noch ist alles im Fluss, und Alemán wehrt sich noch heftig gegen die immer stärker werdende Strömung. Bestimmte Risiken scheint Herr Alemán nicht richtig eingeschätzt zu haben.... da kommt dann die Quittung zumeist prompt und meistens dann, wenn man sich am sichersten glaubt, nämlich in Amerika Nord, genau gesagt in dem östlichen Landzipfel der USA, der sich Florida nennt. Dummerweise haben auch seine "guten Freunde" in den USA ihm die Lizenz, sich am eigenen Volk zu bereichern, entzogen. Ohne Rückendeckung und seiner letzten noch sicher geglaubten Fellen hinterherschauend, verlangte sein eigenes Volk von ihm als Vorsitzenden der Nationalversammlung eine unabhängige Untersuchungskommission zur Prüfung der Korruptionsvorwürfe, auch gegen sich selbst, einzusetzen. An diesem Punkt glaubten schon viele im Lande, schon mal die Schlachtmesser wetzen zu können, um Alemán mit allen ihm gebührenden Ehren ins Gefängnis zu begleiten.

 

Doch, ein Alemán setzt auch dann noch alle ihm zur Verfügung stehenden Waffen ein, wenn das vollgelaufene Boot schon dem Kentern nah ist. So setzte er ganz in seinem vaterlandsliebenden Stil die Untersuchungskommission aus bedingungslos Alemán-hörigen Anhängern zusammen, um so unerwünschten Ergebnissen vorzubeugen. Diese dreiste, leicht zu durchschauende, Eskapade erzürnte dann auch andere Teile seiner Gefolgschaft so sehr, dass diese ihm ihre Treue aufkündigten. Nun ergab eine Mehrheit des Parlamentes eine Neubesetzung der Untersuchungskommission.

 

Aber damit waren noch lange nicht alle Waffen Alemáns gegen demokratische Entscheidungen stumpfgewetzt. Als Parlamentspräsident kann Alemán auch gegen eine Parlamentsmehrheit eine Neubesetzung der gegen ihn agierenden Untersuchungskommission verhindern.

Alemán trieb es so weit, dass das Parlament gezwungen war, die letzte Karte auszuspielen und kurzerhand den Parlamentspräsidenten Alemán aus seinem Amte zu entheben. Aber selbst dann noch ließ sich Alemán den einen und anderen Lausbubentrick einfallen. Erst einmal ließ er alle Türen des Parlamentes so verriegeln, dass die Abgeordneten gezwungen waren, einen Schlosser zur Hilfe zu holen. Weiter setzten die Schergen Alemáns die Klimaanlage außer Kraft. Darüber hinaus versteckten Getreue die Mikrophone des Sitzungssaals, in dem die Absetzung Alemáns beschlossen werden sollte. Die Regierungsgebäude mussten aus scheinbar berechtigten Gründen von der Polizei gesichert werden.

 

Auf den Straßen herrschte große Unsicherheit, was sich Alemán nun noch einfallen lassen könnte, um seine Absetzung doch noch erfolgreich verhindern können. Letztendlich half dies alles nichts.... Alemán und seine treue Lausbubenbande wurden von dem Quorum abgewählt. Die Untersuchungskommission wurde nun von regierungsloyalen (Liberale Partei) und sandinistischen Mitgliedern und einen Vertreter der Konservativen Partei paritätisch besetzt. Diese wendete sich auch umgehend nach der Statuierung an die Presse und verkündete, dass die ersten Maßnahmen darin bestehen werden, die parlamentarische Immunität der Beschuldigten, insbesondere der Familie Alemán, aufzuheben um sie damit dingfest machen zu können. Dies veranlasste übrigens die Tochter Maria Dolores Alemán (auch Deputierte des Parlaments) und seine Frau Maria Fernanda Flores de Alemán, umgehend das Land zu verlassen, die eine nach Costa Rica (San José) und die andere verweilt dereinst in El Salvador (San Salvador).

 

Nachdem der Spuk um die Absetzung Alemáns als Parlamentspäsident vorbei war, und wieder allgemeine Entspannung einkehrte, hatte das Volk tatsächlich allen Grund zum Jubel und tanzte trotz strömenden Regens auf den Straßen der Hauptstadt Managua. Nun darf mit einem Dominoeffekt gerechnet werden, der dann für demokratisch Verwirrte und Raffgierige mitunter in staatlich verwalteten Verwahrungszellen enden kann. Der so gut in die Rolle des Bösen passende Arnoldo Alemán sollte schon mal seinen Kulturbeutel packen, den er bestimmt im Gefängnis brauchen wird... denn dort gibt es auch keine Klimaanlage. Die internationalen Reaktionen auf die Absetzung sind allesamt positiv. Verschiedene internationale Organisationen sprachen von staatsstreich-ähnlichen Umständen, (gemeint sind die Lausbubenstreiche der Alemánschen Schergen) unter denen die Absetzung Alemáns erfolgte, und drücken im Nachhinein ihre volle Unterstützung des nicaraguanischen Parlamentes aus. Auch der Generalsekretär der Organisation amerikanischer Staaten, Cesar Gaviria wies darauf hin, dass parlamentarische Immunität sich nicht über das Gesetz stellen darf und unterstützt ebenfalls die Absetzung Alemáns.

 

Damit hat Señor Bolaños auf jeden Fall weitere Pluspunkte eingefahren, die ihm das Volk nicht so schnell vergessen wird, zu Recht denke ich, und die in letzter Zeit recht ruhig gewordenen Sandinisten müssen aufpassen, dass sie politisch nicht von einem Schuhmacher aus den liberalen Reihen auf der linken Spur abgedrängt und überholt werden, denn wer zu spät reagiert der stets verliert und die nächsten Wahlen kommen unausweichlich. Hoffentlich hat das Herr Daniel Ortega begriffen. Wir wissen alle um die existenziellen Probleme des nicaraguanischen Volkes. Man denke nur an die Hungertoten von den Kaffeeplantagen im Norden des Landes. Hier liegt vieles im Argen, und das schlimmste könnte mit etwas mehr staatlichem Engagement verhindert werden. Die wirtschaftliche Misere des Landes hält noch viel Arbeit für die Parlamentarier bereit.

 

Die letzten Aktivitäten vor allem von Seiten des nicaraguanischen Präsidenten haben aber gezeigt, dass wenigstens die Festigung demokratischer Grundwerte und der Wille, diese nicht leichtfertig zu verlieren, auf einem guten Weg ist. Es liegt zu einem kleinen Teil auch an uns, alte Denkmuster über Bord zu werfen und nicht nur auf unsere zahlreichen sandinistischen Freunde zuzugehen, sondern auch mit ehrlichen Demokraten aus der liberalen Partei eine Zusammenarbeit zu wagen. Franz Thoma übrigens praktiziert dies ohnehin schon seit Jahren und meistens macht er im Sinne der Bevölkerung gute Erfahrungen.

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