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Engagiert gegen Armut und Ausgrenzung

Zwei VertreterInnen des Dachverbandes der "Pipitos" zu Besuch in Berlin

Wir haben in den vergangenen Jahren bereits mehrfach über die Situation behinderter Kinder in San Rafael del Sur berichtet. Punktuell hat der Verein der örtlichen Elterninitiative zwar schon materielle oder finanzielle Unterstützung gewährt. Aber die wenigsten Mitglieder hatten bisher persönlichen Kontakt mit ihnen, so dass hier in Berlin nur ein ungesicherter Kenntnisstand über die Zahl der Betroffenen, ihre medizinische und pädagogische Betreuung vorlag. Deshalb haben wir gern die Gelegenheit wahrgenommen, im Rahmen einer vom Heidelberger Nicaragua-Forum koordinierten Rundreise durch Deutschland zwei VertreterInnen des nicaraguanischen Dachverbandes der "pipitos", der Eltern mit behinderten Kindern, auch nach Berlin einzuladen. Mit Alonso Porras, Geschäftsführer des Verbandes, und Daysi Moncada, Verantwortliche für internationale Kontakte standen dem Verein vom 26. bis 28 Oktober zwei kompetente GesprächspartnerInnen zur Verfügung. Auf einem sehr gut besuchten Plenum haben sie den Vereinsmitgliedern ausführlich über die Arbeit ihrer Organisation auf nationaler Ebene als auch die Lebenssituation der behinderten Kinder in der Region San Rafael berichtet.

 

Die unabhängige Organisation "Los Pipitos", Eltern mit behinderten Kindern, besteht in Nicaragua bereits seit 17 Jahren. Dennoch ist es erst in den letzten Jahren gelungen, eine breitere Öffentlichkeit zu gewinnen. Auch die Elterninitiative in San Rafael ist erst seit wenigen Jahren tätig. Allein durch ihr Engagement ist nunmehr bekannt, dass in mehr als 300 Familien in der Region behinderte Kinder leben. Landesweit bestehen mittlerweile 76 dieser lokalen Elterngruppen mit ca. 14.000 organisierten Familien. Insgesamt sind 13,5 % der nicaraguanischen Bevölkerung von einer Form der Behinderung betroffen, "Los Pipitos" kümmert sich allerdings ausschließlich um die Verbesserung der Situation behinderter Kinder. Ein wichtiger Schwerpunkt ihrer Arbeit besteht darin, für eine medizinische und pädagogische Betreuung der Kinder zu sorgen und Lebensperspektiven für sie aufzubauen. Mindestens ebenso wichtig ist aber auch eine Unterstützung der Eltern, die oft nicht über adäquate Kenntnisse darüber verfügen, wie sie ihre Kinder optimal pflegen und fördern können. Ein weiterer wichtiger Ansprechpartner ist das medizinische Personal der Krankenhäuser und Gesundheitszentren. Alonso nannte das Beispiel eines erkrankten Kindes, dem die Behandlung mit der Begründung verweigert wurde, es sei einfach nicht klar, ob das erforderliche Medikament angesichts der Behinderung Gegenindikationen hervorrufen könne, die noch bedrohlicher seien. Und bestimmte Formen von Behinderungen wären bei besserer Ausbildung der ArztInnen vermeidbar: der hohe Prozentsatz an taub geborenen Kindern, die dann mangels Ausbildung ihr Leben als Taubstumme verbringen müssen, ist auf die Verschreibung von Antibiotika während der Schwangerschaft zurückzuführen!

 

Traurig, es immer wieder und auch in diesem Zusammenhang wiederholen zu müssen: Eine finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite erhalten die "Pipitos" praktisch nicht. Alonso betonte mehrmals, dass erstmalig im diesjährigen Haushalt 40.000 US-$ für die Organisation vorgesehen sind, ein verschwindend geringer Betrag angesichts der Probleme. Und noch ist zweifelhaft, ob diese Geste im kommenden Jahr wiederholt wird. Deshalb ist man auf internationale Unterstützung angewiesen. In Managua und anderen großen Städten konnten auf diese Weise einige Rehabilitationszentren eingerichtet werden, in denen auch ausgebildete PhysiotherapeutInnen zur Verfügung stehen. Aber der Weg nach Managua ist weit und teuer, zu teuer angesichts der Armut in der Region. Für die Elterninitiative in San Rafael war es daher ein großer Erfolg, dass mit Mitteln der kanadischen Botschaft ein eigenes kleines Zentrum in San Rafael errichtet werden konnte, in dem sich die Familien mit ihren Kindern nun treffen können. Da es aber bislang weder eine adäquate Ausstattung des Gebäudes noch qualifiziertes Personal gibt, tun sie dort, was ihnen in Eigeninitiative eben möglich ist: Sie kochen und spielen mit ihren Kindern und, sicherlich am wichtigsten, tauschen sich aus, geben ihre Erfahrungen weiter und unterstützen sich gegenseitig. Dabei fehlt, nach unseren Maßstäben, nicht sehr viel Geld, um diese unbefriedigende Situation entscheidend zu verbessern. Die Ausstattung würde 5.000 US-$ kosten, das Gehalt einer Physiotherapeutin 200 US-$ im Monat. Für sie selbst allerdings sind diese Summen unerschwinglich. Es reicht ja nicht einmal für ein Hörgerät, das den hörgeschädigten Kindern unmittelbar ermöglichen würde, ohne Ausgrenzung an Schule und Ausbildung und gesellschaftlichem Leben teilzunehmen, zu hören, zu sprechen, zu lernen.

 

Als kleiner Verein stoßen wir immer wieder an finanzielle Grenzen und müssen auch akzeptieren, dass wir nicht alle Probleme in unserer Partnergemeinde lösen können. Der Besuch der "Pipitos" und das Engagement der Elterninitiative haben uns jedoch tief beeindruckt, so dass wir trotz aller Beschränkungen nach Möglichkeiten suchen werden, ihre Anstrengungen zur Integration behinderter Kinder in San Rafael zu unterstützen und ihre Lebenssituation zu verbessern. Ausführliche Informationen zu den "Pipitos" finden Sie auf der spanischsprachigen homepage www.lospipitos.org

 

Erich Köpp

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